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Die Harznutzung (2.8.07)

Rubrik:

Festzug

Herausgeber:

Gemeinde Oftersheim - Festausschuss

Die Harznutzung

 
Die Harzer, zu den ältesten Waldgewerben gehörend, waren in den Kiefernwaldungen häufig zu finden, also dort wo Nadelholz in größerem Umfang auftrat. Seit Ausgang des Mittelalters wird über diese Tätigkeit berichtet. Scharrharz von der Fichte wurde als älteste Harznutzungsform vor allem im Vogtland und in Bayern gewonnen. Die Harznutzung der Kiefer setzte im 16. Jahrhundert durch die so genannten Pecher ein. Unser Hardtwald war zu jener Zeit noch ein reiner Laubwald. Der Kiefernanbau erfolgte erst aufgrund des Absterbens der Eichen-Hainbuchenbestände im 18. Jahrhundert, so dass eine Harznutzung im Hardtwald wohl erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzte. Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurde die Harzgewinnung an Kiefern besonders stark betrieben. So auch im Oftersheimer Gemeindewald und dem angrenzenden Staatswald auf Gemarkung Oftersheim. Das Harz war für die Rüstungsindustrie ein wichtiger Rohstoff, nachdem das Deutsche Reich von der Einfuhr von Kolophonium und Terpentinöl aufgrund der englischen Seeblockade abgeschnitten war. Die erneute Wiederbelebung der Kiefernharznutzung erfolgte ab 1931 mit den Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches und führte bis zur Einrichtung eines Reichsharzamtes im Jahr 1940. In der DDR ist von der Staatsgründung an bis zum Jahre 1990 die Harznutzung betrieben worden.
 
Die Verarbeitung von Baumharzen zu Pech wurde in so genannten Pechsiedereien durchgeführt. Die Harzerzeugnisse bildeten in alter Zeit einen wichtigen Handelsartikel, der weithin vertrieben wurde, u.a. auch als Oblast auf den Flößen. Die Oblast war das Ladegut (Brennholz, Gerbrinde, Harz, etc.) der Flößer, das mit dem Holzfloß auf dem Wasserweg von weit entfernten Waldgebieten kostengünstig in die Städte befördert wurde. Die Waldeigentümer ließen sich die Gestattung der
Harznutzung gut bezahlen. Besonders in unerschlossenen Waldungen war die Harznutzung eine wichtige Einnahmequelle. Ein Harzbrief aus dem Jahr 1469 verlieh den Bewohnern von Bad Rippoldsau in den fürstenbergischen Waldungen das Harzrecht erblehensweise. Für die Grundherren übertraf die Einnahme durch die Harznutzung bei weitem jene aus dem Holzverkauf. Die Harznutzung galt als grundherrschaftliches Regal. Sie fand insbesondere nach dem Dreißigjährigen Krieg sehr große Verbreitung. In der Postkutschenzeit hing an der Hinterachse eines jeden Reisewagens ein Eimer, der mit der sogenannten „Karrenschmiere“ gefüllt war. Pferdefuhrwerke mit hölzernen Wagenachsen waren auf diese Schmiere, die aus einem Pech-Leinölgemisch bestand, angewiesen. Der Reisende hatte nebendem Fahrgeld auch noch das so genannte „Schmiergeld“ zu entrichten. Hier wurzelt wohl auch der Spruch
 
„Schmieren und Salben hilft allenthalben,
hilft`s nicht bei den Kärren so hilft`s bei den Herren.“
Der Schaden, den das Harzen an den Bäumen anrichtete, war schon früh bekannt. Die Forstbeamten bemühten sich, das Harzen einzuschränken, konnten sich aber häufig nicht gegenüber den Kameralbeamten oder politischen Rücksichten durchsetzen. Nach der markgräflich badischen Forstordnung von 1614 war die Harznutzung nur zulässig, wo Abgelegenheit und Unerschlossenheit der Waldungen keine andere Nutzung zuließen. Unbefugtes Harzen wurde noch im badischen Forstgesetz von 1833 mit bis zu fünfzehn Gulden bestraft. Nach dem badischen Forstrecht durften nur Bestände geharzt werden, die älter als 50 Jahre waren. Derselbe Bestand durfte nur im Abstand von zwei Jahren erneut geharzt werden. Besonders Samenbäume und Wertholzstämme wurden von der Harzung ausgenommen. Um 1860 wurde das Harzen in Deutschland unwirtschaftlich, da aus Russland und Finnland Harz und Pech eingeführt wurde.